Die Pulver-Anne
Im Jahr 1539 lebte in Strausberg ein junger Mann namens Hans mit seinen Eltern im Fischerkietz. Er hatte ein besonderes Verhältnis zum Markgrafen Johann, Sohn des Kurfürsten. Immer wenn der Markgraf nach Strausberg kam, war Fischer Hans seine rechte Hand, auch noch, als der Markgraf die Regierungsgeschäfte übernahm.
Eines Tages lernte Hans die Pulver-Anne, Tochter der Pulvermacherin kennen und später lieben. Sie war in der Lage, Menschen und Tiere von Krankheiten zu heilen, indem sie Kräuter sammelte und auch anwendete. Für die damalige Zeit war das etwas Außergewöhnliches.
Leider hatte auch Sabine, die Tochter eines reichen Ratsherren, ein Auge auf den Fischer geworfen. Als der alte Ratsfischer starb, setzte sie es durch, das Hans dieses Amt übernehmen konnte. Nun war er reich und konnte um Annas Hand anhalten. Zur gleichen Zeit herrschte in Strausberg eine große Viehseuche. Schnell wurden die Urheber ausfindig gemacht - die Pulvermacherin und ihre Tochter. Sie wurden kurzerhand der Hexerei und Zauberei beschuldigt und landeten im Gefängnis. Fischer Hans bekam durch seine viele Arbeit nichts davon mit. Erst am Tag der Hinrichtung erfuhr er durch seine Eltern von dem Unglück.
Am Gerichtstag traf plötzlich und unerwartet der Markgraf mit Gefolge ein und die Verhandlung wurde unterbrochen. Hans erzählte dem Markgrafen die irrsinnige Geschichte, doch der machte ihm wenig Hoffnung, denn Brandenburger Recht steht über Fürstenrecht. Hans ließ nicht locker, verlangte Gerechtigkeit und den Nachweis von Hexerei. Der Markgraf war überrascht über des Fischers Eifer und versprach zu helfen.
Er unterhielt sich mit den Ratsherren und Schöffen und bat um Gerechtigkeit. Beim Vorlesen der Anklage- und Zeugenschriften kam heraus, dass Pulvermacherin und Tochter aufgrund eines Gerüchtes verhaftet wurden. Als der Markgraf das hörte, sagte er zu Vertretern des Gerichtes, dass er nicht in das Verfahren eingreifen dürfe, aber wenn es die Herren mit ihrem Gewissen und bei Gott verantworten können, sollten sie den beiden Frauen der Folter unterwerfen, aber stets daran denken, dass sie selbst auch ganz schnell wegen leerem Weibergeklatsche angezeigt werden können.
Es wurde letztendlich kein Zeuge gefunden, der gegen die beiden Angeklagten aussagen wollte. Daraufhin befand das Gericht, dass alles nur ein Gerücht sei und die Frauen wurden freigesprochen. Plötzlich waren alle wie umgewandelt. Jeder sah ein, dass die Pulvermacherin, die soviel Gutes bei Krankheiten tat, niemals das Vieh verhexen konnte.
Fischer Hans heirate endlich seine Anna. Der Markgraf lud seine gesamte Familie ein, zu ihm in die Residenz zu ziehen. Er wurde nun markgräflich-neumärkischer Fischermeister und lebte bis an sein Lebensende in Glück und Zufriedenheit.
Quelle: Herma Klar nach W. Sternbeck aus dem Buch `100 Jahre Heimatmuseum 1908 - 2008`. Ein großer Dank an das Heimatmuseum.