Gedenken zum 17. Juni 1953

"Wir hätten uns mehr Teilnehmer gewünscht", bekannte Strausbergs Bürgermeisterin Elke Stadeler nach dem Gedenken am Vormittag des 17. Juni am Stein vor der Einfahrt zur Barnim-Kaserne in der Hennickendorfer Chaussee. Der erinnert daran, dass auch in Strausberg 70 Jahre zuvor Bauarbeiter die Arbeit niedergelegt und Forderungen formuliert hatten, weil sie mit der Situation in der DDR nicht zufrieden waren. Sie wollten bessere
Lebensverhältnisse und politische Veränderungen. Nach Berlin kam die Gruppe aus Strausberg und Rüdersdorf mit ihren Lkws nicht, weil sie an der Kontrollstelle Hoppegarten zurückgewiesen wurden. Doch die Beteiligung am Streik reichte seinerzeit, dass die Streikleitung wenig später zu langjährigen Haft- bzw. Zuchthausstrafen verurteilt wurde. "Sie haben nicht mehr als ihre Position vertreten", sagte die Bürgermeisterin. Es sei
wichtig, ihrer zu gedenken, um Lehren zu ziehen und zu wissen, was man in der Zukunft nicht falsch machen soll.
Brigadegeneral André Abend, als neuer Standortältester der Bundeswehr in Strausberg erstmalig bei diesem Anlass dabei, sprach von einem Schlüsseldatum der jüngeren deutschen Geschichte. Es sei damals um die Freiheit gegangen, so der aus Bayern stammende Offizier. Mutige Frauen und Männer hätten sich aufgelehnt. Er habe sich eigens im Vorfeld historische Fotos angesehen und Gesichter voller Hoffnung entdeckt. Weitere Aufstände in anderen Ländern folgten. Auch wenn alle zunächst mit Waffengewalt niedergeschlagen wurden: Im Herbst 1989 sei das Werk vollendet worden.
Gerd-Ulrich Herrmann vom Regionalgeschichtsverein Akanthus gab im Anschluss einen Überblick zu den damaligen Ereignissen in und um Strausberg. Damals war das "Objekt 5", die Kaserne in der Hennickendorfer Chaussee, im Bau. Die Mehrheit der DDR-Bevölkerung habe Entscheidungen der Regierung nicht mitgetragen. Die hatte Normen erhöht und steckte viel Geld in den Aufbau einer Armee, so dass das Lebensniveau für viele stagnierte oder gar sank. Er erinnerte an Zwangskollektivierung und Verstaatlichungen sowie die Verfolgung Andersdenkender. "Diktaturen dulden keine freie Meinung", machte er klar.
Über eine Million Menschen seien damals auf die Straße gegangen in mehr als 700 Städten, Dörfern und Betrieben. Rund 15.000 wurden im Anschluss verhaftet, über 1600 angeklagt, viele verurteilt, manche auch zum Tode. Die Ereignisse 1953 hätten zur Bildung der Kampfgruppen in den Betrieben der DDR
geführt, zu Veränderungen bei Polizeibereitschaften und Einsatzleitungen, führte er aus. Und wahrscheinlich seien sie auch ein Grund dafür gewesen, dass 1954 der Hauptstab des Armeevorläufers Kasernierte Volkspolizei nach Strausberg verlegt und die Stadt später Sitz des Verteidigungsministeriums wurde.
Heinz Grünhagen, einem der Mitglieder der damaligen Streikleitung, sei es zu verdanken, dass die Erinnerung "nicht verschüttet" wurde, würdigte Herrmann. Grünhagen hatte sich nach der Wende vehement für den Stein und die Tafel mit den Namen eingesetzt. 2012 war er gestorben. Herrmann machte zum Abschluss auf den Wortstamm von Denkmal aufmerksam: "Denk mal (nach) - über die Geschichte!" Das Eintreten für Demokratie und Einheit bleibe eine gesamtdeutsche Aufgabe.