Dem Phänomen des Heldenbegriffs geht ab 1. Juni 2014 die Stiftung Schloss Neuhardenberg in einer umfangreichen Ausstellung auf den Grund. Anlass ist der 200. Jahrestag einer herrschaftlichen Dankesgeste. Im Jahre 1814 schenkte König Friedrich Wilhelm III. von Preußen seinem Staatskanzler Karl August von Hardenberg für dessen Verdienste um das Königreich ein Lehen in der Mark Brandenburg, mit Schloss, Park, Kirche, Ort und ausgedehnten Ländereien, und rückte damit seinen höchsten Beamten in die Nähe eines Helden. Der Besitz wurde sogleich nach dem neuen Standesherren in Neu-Hardenberg umbenannt.
Vom 1. Juni bis 17. August 2014 wird die von Thomas Macho und Hans von Trotha kuratierte Ausstellung »Helden erinnern« in Schloss Neuhardenberg zu sehen sein. Am Leitfaden der Taten und Biographien der Neuhardenberger »Ortshelden« werden vier Epochen und unsere Gegenwart exemplarisch dargestellt. Denn Helden sind oft auch Lokalhelden. Sie definieren einen Ort, an dem ihre Heldentaten oder Heldentode erinnert werden. Manche Städtenamen verraten bis heute diesen Zusammenhang: Alexandria, Konstantinopel, oder - Neuhardenberg.
Doch was macht einen Helden zum Helden? Und wer macht einen Helden zum Helden? Welche Helden (oder Heldinnen) haben die verschiedenen Epochen bevölkert? Und welches Heldentum hat in unserer Gegenwart überlebt?
Vielleicht sind Helden immer das Ergebnis einer Projektion. War nicht Joachim Bernhard von Prittwitz, gewissermaßen Hardenbergs Vorgänger in Neuhardenberg, auch ein Held, weil er Friedrich dem Großen in der Schlacht von Kunersdorf das Leben rettete? Was ist mit den Neuhardenberger Gefallenen des Ersten Weltkriegs, dessen Ausbruch sich 2014 zum 100. Mal jährt? Oder mit dem letzten Standesherrn auf Neuhardenberg, Carl-Hans von Hardenberg? Er gehörte zum Kreis der Widerstandskämpfer gegen Adolf Hitler und versuchte nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli 1944, sich das Leben zu nehmen, um unter Folter nicht Freunde und Mitverschwörer zu verraten.
Die Ausstellung ist gegliedert in die Kapitel:
. »Lokale Helden«
. »Helden des 18. Jahrhunderts«
. »Helden des 19. Jahrhunderts«
. Helden von 1914 bis 1945«
. »Helden der Nachkriegszeit« und
. »Globale Helden«.
Von Kanonenkugeln vom Schlachtfeld von Kunersdorf über Haarlocken Ludwig van Beethovens und Friedrich Schillers, eine Totenmaske von Napoleon I. Bonaparte Kaiser der Franzosen bis zu einer von Wilhelm Pieck ausgestellten Urkunde zum Ehrentitel »Held der Arbeit« für Frida Hockauf reicht die Bandbreite der zahlreichen Exponate.
Im 21. Jahrhundert hat der Begriff des Helden in keiner Weise an Aktualität verloren. Gerade in jüngster Zeit sind, häufig verbunden mit sozialen Netzwerken, weitere Sichtweisen in der Heldenbetrachtung und Heldenverehrung hinzugekommen. Die interaktive Installation HERO SELFIE von Boris Hars-Tschachotin greift eine verbreitete Praxis auf: sich rasch an den jeweiligen Helden (Papst, Popstar, Politiker) ranschmeißen, das Handy eine Armlänge weit weg halten, schräg nach oben, grinsen oder cool sein und abdrücken. »Selbst-Porträts mit Held«, die die Besucher in der Ausstellung mit ihren virtuellen Helden vom Dalai Lama über Edward Snowden bis Lady Gaga aufnehmen und über E-Mail und Twitter teilen können, reflektieren spielerisch das Thema des Helden und seiner Projektion auf das eigene Ich.
»Ich mag keine Helden, sie machen mir zu viel Lärm in der Welt«, bekannte der französische Philosoph Voltaire, und Johann Gottfried Seume fasste seine Abneigung in die Worte: »Mit wenigen Ausnahmen sind die großen Helden die Schandflecken des Menschengeschlechts.« Helden stützen die Gesellschaft, sie sind ein wichtiges Instrument, moralische Maßstäbe zu definieren. Man könnte sagen: Es gibt Helden, weil die Zeiten Helden wollen und sie produzieren. Wer oder was aber ist ein Held?
Kuratiert von Thomas Macho und Hans von Trotha
mit einer Installation von Boris Hars-Tschachotin
gestaltet und eingerichtet von Ben Jander und John Möller
Geöffnet: Dienstag bis Sonntag sowie an Feiertagen von 11.00 - 19.00 Uhr
Eintritt: € 8.- / ermäßigt € 4.50