Am nächsten Morgen holte Optat uns ab und wir fuhren gemeinsam in ein hier ansässiges Trekkingunternehmen, wo bereits unsere kleine Begleitmannschaft auf uns wartete. Eine letzte kleine Besprechung, dann ging es endlich los in Richtung Arusha Nationalpark. Unterwegs bei einem Zwischenstopp kauften wir dann noch einige Nahrungsmittel und Getränke ein. Am Eingang des Nationalparks wurden wir registriert und hatten danach noch genügend Zeit, um uns an den vielen Schautafel über den Nationalpark zu informieren. Vorbei an Giraffen, Zebras und Wasserbüffel, fuhren wir weiter in Richtung Momella Gate, was Ausgangspunkt für die Besteigung des Mount Merus, dem fünf höchsten Berg Afrikas ist. Wegen der vielen Wildtiere, insbesondere der Büffel, wurden dann mehrere Bergsteigergruppen zusammen gefasst und ein bewaffneter Park-Ranger zur Seite gestellt. Nachdem unser Gepäck verteilt wurde, begannen wir unseren Aufstieg zum Miriakamba Hut auf 2514 m. Vorbei an weidenden Büffelherden führte der Weg durch offenes Grasland, Savanne und einer faszinierenden Bergwelt. Nach 5-stündigem Aufstieg, erreichten wir die Miriakamba Hütten und wurden für unsere Anstrengungen des Tages mit einem prächtigem Sonnenuntergang über dem direkt gegenüberliegenden Kilimanjaro belohnt.
Unser nächstes Ziel auf dem Weg zum Mount Meru war der auf 3570 m liegende Saddle Hut. Von Miriakamba führte der Weg durch einen dichten Wald mit Moosen und Bartflechten, ein Gebiet, das Topela Mbogo (Büffelsümpfe) genannt wird. Nach 3 Stunden erreichten wir den Viewpoint auf 3200 m. Von hier aus hatten wir einen herrlichen Blick auf den großen aufgesprengten Krater des Mount Meru. Nach weiteren 2 Stunden erreichten wir dann die Berghütten auf dem Saddle Hut. Am Abend wurde dann noch einmal über die Besonderheiten beim Aufstieg auf den Mount Meru gesprochen, gegen 19.00 Uhr legten wir uns schon schlafen, um bereits um Mitternacht wieder aufzustehen.
Nachdem wir ein kleines Frühstück zu uns genommen hatten, begann der lange Aufstieg zum Gipfel. In der ersten Stunde ging es durch unschweres Gelände, bis die ersten schweren Abschnitte kamen. Zwei steile, mit einer dünnen Eisschicht überzogene Felsen mussten überquert werden. Jeder Tritt und Griff musste wohl überlegt sein. Wo ein Fehltritt für mich enden würde, konnte ich im Schein der Stirnlampe nicht erkennen. Je höher wir kamen, um so stärker wurde der Sturm und die Kälte nahm immer mehr zu. Durch den Sturm wurde feiner Lavasand aus dem Krater des Mount Meru herüber geweht und erschwerte das weiterkommen, weil er sich in Ohren, Mund und Augen festsetzte. Dann wechselten wir auf die andere Seite des riesigen Felsmassivs und waren damit nicht so dem starken Sturm ausgesetzt. Das Gelände wurde immer schwerer, es mussten immer neue Steilstufen überklettert werden. Die ungenügende Höhenanpassung machte sich langsam bemerkbar, immer hin hatten wir bereits die 4000 m überschritten. Wieder wechselten wir auf die andere Seite des Berges, wo der ganze Fels mit einer dünnen Eisschicht überzogen war, zum Glück aber hatte der Sturm nachgelassen. Bei einer kurzen Pause, musste ich feststellen, das auch mein Rucksack mittlerweile mit einer Eisschicht überzogen war. Eine schwierige Stelle nach der anderen wurde überwunden, bevor ich im ersten Morgengrauen den 100 m über mir liegenden Gipfel erkannte. Gegen 6.00 Uhr morgens war es endlich so weit, Friedhelm und ich hatten den Gipfel des 4566 m hohen Mount Meru erreicht. Belohnt für unsere Mühen, wurden wir dann mit einem wunderschönen Sonnenaufgang und einem herrlichen Blick auf den Kilimanjaro. Der Abstieg erfolgte über die Aufstiegsroute, dort hatten wir noch einmal einen gigantischen Blick in den Krater des Mount Meru. Zurück am Saddle Hut packten wir unsere Sachen und stiegen noch bis zu den Miriakamba Hütten ab, diese erreichten wir am späten Nachmittag.
Am nächsten Morgen nehmen wir das Angebot des Park-Rangers an, um über einen 15 km langen Weg zum Mornella Gate abzusteigen, zuerst führe der Weg über den nur saisonal herabfließenden Lenganassa River und dann weiter hinein in den Regenwald. Immer wieder konnten wir Büffel beobachten bis wir die Maio Wasserfälle erreichten, um anschließend den bekannten "Fig Tree Arch" einem großen geteilten Feigenbaum, durch welchen der Weg hindurch führte, zu bewundern. In der Ebene angelangt, bestaunten wir erneut Affen, Büffel, Zebras und Giraffen. Am Mornella Gate angekommen wartete bereits unser Geländewagen, der uns durch den herrlichen Arusha Park zurück nach Moshi brachte.
Nach dem Frühstück im Hotel wartete schon unser immer gutgelaunter einheimische Bergführer auf uns, um mit uns zur letzten Besprechung für die Besteigung des Kilimanjaro ins ansässige Trekkingunternehmen zu fahren. Ein zusätzlicher Bergführer und Träger, sowie unsere gesamte Begleitmannschaft vom Mount Meru erwarteten uns vor Ort. Gemeinsam fuhren wir nach Machame dem Ausgangspunkt für die Kilimanjaro Trekkingtour und der Besteigung des Uhuru Peak auf der Macharne Route. Die Machamo Route gilt als die landschaftlich schönste Route am Kilimanjaro und kann in 6 bis 7 Tagen bewältigt werden. Am Nationalpark-Gate angekommen, wurden wir erst einmal wieder registriert und das gesamte Gepäck auf die Träger verteilt, die max. 15 kg tragen durften. In unseren Rucksäcken verstauten wir das benötigte Tagesgepäck, Essen, Trinken, Medikamente, Sachen und Fotoausrüstung, um dann zum Machame Camp aufzubrechen. Auf einer alten stillgelegten Forststraße, ging es hinein in einen dichten tropischen Bergregenwald. Die Bäume und Äste sind hier mit dunkelgrauem Moos überzogen und lange Flechten hängen von diesen herunter was teilweise märchenhaft und mystisch erschien. Nach der Hälfte des Tages wurde es anstrengender, die Steigung wurde größer, Wege feuchter und rutschiger und Bäume und Wurzeln versperrten uns ab und zu den Weg. Der Wald reichte bis auf 2700 m hinauf. Auf dem letzten Abschnitt lichtete sich der Regenwald und der Weg führte weiter durch eine Heide und einer Moorzone. Im Machamo Camp angekommen, bauten wir unsere Zelte auf, unser Koch bereitete uns indessen ein köstliches Abendbrot.
Unser nächstes Ziel war das 900 m höher gelegene Shira Camp. Gleich nach dem Frühstück ging es steil hinauf, Erika, andere Pflanzen, Flechten und Moose bestimmten die Vegetation auf diesem sehr steilen Kamm. Weit vor uns sahen wir die Schulter des mächtigen Shira Plateaus, unser heutiges Tagesziel, vorher mussten wir jedoch einige Tal Einschnitte durchqueren und weiter bergauf steigen. Die Durchquerung in der unteren felsigen und steilen Schulter dauerte eine Stunde und im oberen Abschnitt brauchten wir um weiter zukommen an einigen Stellen sogar unsere Hände.
Nach der Durchsteigung der "Shira Cathedral" hatten wir einen fantastischen Ausblick auf das riesige Shira Plateau und dem Shira Camp. Kaum angekommen fing es zu regnen und zu schneien an. Als sich das Wetter gebessert hatte, machten wir noch eine Wanderung zum alten Shira Camp. Zurück gekommen, erlebten wir noch einen schönen Sonnenuntergang über dem Kilimanjaro und dem gegenüberliegendem Mount Meru.
Unsere nächste Etappe führte uns in das 3950 m hoch gelegene Barranco Camp. Langsam ansteigend, immer mit Blick auf das mächtige Massiv des Kilimanjaro, ging es Richtung Lava-Tower. Die Landschaft wurde immer karger, Gestrüpp, zahlreiches Geröll und Lavabrocken prägten nun die Umgebung. Steil ansteigend, ging es weiter zum 4650 m hohen Lava-Tower Camp, wo wir eine wohl verdiente Rast einlegten. Entlang an einer mächtigen, senkrecht in die Höhe ragende Wand, in den Farben Schwarz, Rot, Braun und Weiß, ging es fast durchgehend bergab in Richtung Barranco Camp. Die Vegetation hatte wieder zugenommen und der Weg führte jetzt, vorbei an faszinierenden Riesenlobelien und mannshohen Senecien, ins Barranco Valley. Wir genossen dort den gewaltigen Panoramablick zur Südwestseite des Kilimanjaro mit seinen Gletschern und Western Breach sowie zur mächtigen Barranco Wall. Wir schafften es gerade noch bis zum Barranco Camp, dann fing es wieder an zu regnen und zu schneien. In Gedanken waren wir jetzt bei denen, die noch unterwegs waren.
Am nächsten Morgen beim Sonnenaufgang waren wir schon wieder auf den Beinen, denn wir wollten die Ersten sein, die die berüchtigte Barranco Felswand, auch "Breakfast" genannt, überwinden wollten. Die Kletterpassagen der Barranco Felswand stellen für viele eine Herausforderung da, was schnell zu langen Verzögerungen führen kann, diesen wollten wir entgehen. Am Einstieg in die Barranco Felswand stellten wir fest, das der Fels an vielen Stellen mit neuem Eis überzogen war. Zu warten hatte keinen Sinn, da die Sonne erst spät die Wand erreichen würde, außerdem sah das Wetter nicht gerade gut aus. Der Fels ist gut nach unten geschichtet und die Griffe sind fest und sicher. Es machte mir einen Riesen Spaß hier durchzusteigen. Ich war so richtig in meinem Element. Weiter ging es immer dann bergauf und bergab, bis wir schließlich in ein riesiges Tal des Karanga Valley hinein blickten. Der Abstieg ins Tal war sehr steil und die Höhe im Talgrund betrug 3950 m, wir waren also wieder in der Höhe des Barranco Camp angekommen. Steil ging es jetzt hinauf ins Karanga Camp, wo viele ein neues Lager errichteten, wir aber stiegen weiter hinauf ins Barafu Camp. Das Wetter wurde wieder zunehmend schlechter und Regen und Schnee waren auf dem Weg unsere Begleiter ins 4600 m hoch gelegene Lager. Im Lager angekommen, mussten in dieser Steinwüste alle Zelte aufgebaut werden. Das Wetter wurde nicht besser und beim Abendbrot machten wir dann eine letzte Besprechung für den Gipfelgang.
Gegen 18.00 Uhr legten wir uns hin und um 23.00 Uhr wurden wir bereits wieder geweckt. Wir mussten da aber feststellen, das wir eingeschneit waren und es weiter schneite und in weiter Ferne ein Gewitter tobte. Wir machten uns trotzdem fertig und nahmen eine Kleinigkeit zu uns, packten noch die von unserem Koch fertig gemachten Sachen ein. Als erstes mussten wir eine hohe, steile mit Eis überzogene Felswand überwinden, vor der ich schon bei unserer Ankunft Respekt hatte. Der Schneefall und das Gewitter wollten einfach kein Ende nehmen. Unsere Bergführer erklärten uns, dass das Gewitter weit genug von uns weg wäre und für uns keine Gefahr darstellen würde. Ich zählte trotzdem die Zeit zwischen Blitz und Donner. Wir hatten Glück, da drei anderen Gruppen bereits vor uns aufgebrochen waren und wir brauchten in dem steilen Gelände nur ihren Spuren folgen. Bei einer kleinen Rast, so gegen 1.00 Uhr, bekam ich mein Geburtstagsständchen, Schneesturm und Gewitter waren das Orchester. Wir stiegen in einem sehr gleichmäßigem Tempo auf und machten nur Pause um uns von den Schneemassen zu befreien und einen Schluck heißen Tee zu trinken. Durch die vorherige Besteigung des Mount Meru waren wir sehr gut akklimatisiert und so war es auch nicht verwunderlich, dass wir die anderen drei Gruppen nach und nach über holten.
Jetzt waren wir es, die bei diesem Schneechaos den richtigen Weg finden und die Spur treten mussten. Der Hang und deren Steilheit wollten einfach kein Ende nehmen, dazu kamen immer wieder einige kleine Kletterpassagen, doch um 5.00 Uhr erreichten wir endlich Stella Point auf 5730 m Höhe. Es hatte mittlerweile aufgehört zu schneien und mir war klar, wenn nicht etwas unvorhergesehenes passieren würde, wir den Gipfel erreichen würden. Wir tranken Tee und aßen Schokolade, dann ging es mäßig ansteigend immer am Kraterrand entlang, Richtung Uhuru Peak.
Um 5.56 Uhr war es endlich so weit, ich stand an meinem 60. Geburtstag auf dem höchsten Berg Afrikas, und hatte meinen zweiten Seven Summit Gipfel bestiegen. Dann ging am Horizont endlich die Sonne auf und färbte den Schnee und das nahe Southern Icefield in ein intensives Rot.
Auf allen Bergen die ich bereits in der ganzen Welt bestiegen habe, wurde mir noch nie so ein grandioses Schauspiel geboten. Etwas ähnliches hatte ich nur am
Gipfel des Cotopaxi in Ecuador erlebt. Dort war es der nahe Ausbruch des hoch aktiven Vulkans Tungurahua. Ich wusste, dass diese Szenerie nur von kurzer Dauer sein würde und bemühte mich, so viele Fotos wie nur möglich zu machen. Vorbei am riesigen Southern Icefield, das wie ein riesiger Tafelberg aus der Antarktis aus sah, begannen wir unseren Abstieg zum Stella Point. Jetzt kamen uns einige Gruppen die auf dem Weg zum Gipfel waren entgegen, denn am Stella Point treffen die verschiedensten Aufstiegsrouten zusammen. Leider gibt es auch eine schlechte Seite an diesem Berg: Leute, die von ihren Bergführen gestützt werden, um mit Macht auf den Gipfel zukommen oder auch welche, die es zwar geschafft haben, aber auf der Rücktour regelrecht von ihren Bergführern nach unten geschleift werden. Am Stella Point angekommen machen wir wieder eine kleine Pause und ich nutze die Möglichkeit, den riesigen Krater des Kilimanjaro zu fotografieren. Dann stiegen wir so schnell wie es ging ins Barafu Camp ab. Dort erwartete uns bereits die gesamte Begleitmannschaft und freute sich mit uns über die gelungene Besteigung und gesunde Rückkehr. Das Wetter war wieder schlechter geworden. Wir zogen uns um und begannen sofort mit dem Abstieg ins Mweka Camp. Nach 4 Stunden erreichen wir endlich das Mweka Camp. Die Anstrengungen der vergangenen 16 Stunden waren uns anzumerken. Zum Glück gab es hier Bier. Dann wurde ein Tisch vor unserem Küchenzelt aufgebaut und eine extra für mich aus dem Tal hoch geholte Geburtstagstorte aufgestellt. Ich schnitt sie an und verteilte sie unter unserer Begleitmannschaft. Danach zogen sich alle in ihre Zelte zurück, um schlafen zu gehen.
Nach dem Frühstück begann dann der letzte Abschnitt dieser Tour. Bevor wir aber losgingen, wurde von der Begleitmannschaft noch der Kilimanjaro Song gesungen. Durch den Regenwald ging es auf einem gut ausgebauten Weg hinunter zum Mweka Gate. Dort wartete bereits ein Kleinbus auf uns, der brachte die gesamte Truppe zurück nach Moshi. In Moshi verabschiedeten wir uns und bedankten uns für die wunderbare Zeit, die wir gemeinsam hatten. Am nächsten Vormittag machten Friedhelm und ich noch einige Einkäufe, denn am Abend ging es für uns über Amsterdam wieder zurück nach Deutschland.
Anmerkung:
Obwohl viele das Ziel den 5895 m hohen Uhuru Peak vor Augen haben, erreicht nicht alles was Beine hat den Gipfel. Nur den Weisen, Vernünftigen, Langsamen und Mutigen bleibt dieses Ziel vorbehalten. Eine Kilimanjaro Besteigung, ist nicht wie so oft beschrieben, ein Spaziergang und keine Wanderung zur nächsten Almhütte mit Bierausschank. Es ist je nach Route ein 6-tägiger Kampf mit Steigungen, endlos erscheinenden Weiten, mit Regen, Schnee, Nebel, eisiger Kälte, vereisten Felsen und auch ein Kampf gegen den inneren Schweinehund. Die Besteigung bedeutet aber auch unvergleichliche, einmalige und atemberaubende Schönheit. Hier wird Natur pur geboten und die gewonnenen Eindrücke hinterlassen unauslöschbare Spuren im Gedächtnis und holen einen immer wieder zum Kilimanjaro zurück. Für alle die mit dem Gedanken spielen, so eine Trekkingtour oder Bergtour zu unternehmen, bin ich gerne bereit meine jahrelangen Erfahrungen, die ich in der Welt gemacht habe, weiterzugeben. Mit kostenlosen Dia-Vorträgen und Auskünften zum Thema "Berg" bin ich gerne bereit Hilfestellung zu leisten. Denn in Bergsteigerkreisen gilt immer noch der alte Spruch:
"Der Weg ist das Ziel."
Die Seven Summits
Zu den Seven Summits zählt man den jeweils höchsten Berg der sieben Kontinente. Es gilt als eine der größten Herausforderung für jeden Bergsteiger, alle sieben Gipfel zu besteigen.
Asien: Mount Everest 8848 m
Südamerika: Aconcagua 6962 m
Nordamerika: Mount Mc Kinley 6194 m
Afrika: Kilimanjaro 5895 m
Europa: Elbrus 5642 m
Antarktis: Mount Vinson 4892 m
Ozeanien: Carstensz-Pyramide 4884 m bzw. Mount Kosciuszko 2228 m
Ältere Reiseberichte von Dietmar Kuhl:
Reiseberichte
Für Interessenten steht Dietmar Kuhl auch gern für einen Vortrag über seine Abenteuer als Bergsteiger zur Verfügung. Einfach eine Email an
den Felsenbezwinger.
Bilder und Text: Dietmar Kuhl