Eines der wohl ältesten Gebäude im Herzen von Strausberg - in der Großen Straße 55 - war um 1920 bekannt als das „Hotel zum Schwan“. Bereits um 1870 fanden in dem großen Festsaal Theatervorführungen statt. Äußerlich hat sich das Gebäude aufgrund der Rekonstruktion kaum verändert, aber der Inhalt verschwand: Brachliegende 240 Quadratmeter ohne glänzende Kronleuchter und festliches Ambiente. - Der Saal drohte in Vergessenheit zu geraten, bis Chris-Karen Schmidt-Farwig ihr Herz an den Saal und die Geschichte des Gebäudes verloren hat. Sie zauberte aus der Baustelle einen ansehnlichen Raum mit Charakter, viel Liebe zum Detail und vielseitigem kulturellen Leben. Kunst und Kultur sollte nach Strausberg - speziell in die Altstadt - einziehen. Dadurch erweckte sie den Saal am 6. September 2008 zu neuem Leben. Der Ballsaal erstrahlte in modernem Look und überraschte einige Gäste beim ersten Besuch. Vor der Nutzung wurden jedoch eine Menge Umbaumaßnahmen vorgenommen: Neue Sanitäreinrichtungen, Fußboden und Deckenbeleuchtung, eine Bühne und Tische, Bar und Künstlergarderobe. Alles aus Eigeninitiative und ohne jegliche Unterstützung durch die Stadt Strausberg und das Land Brandenburg.
Postkarte "Hotel zum Schwan",
Quelle: Heimatmuseum
Postkarte "Festsaal",
Quelle: Heimatmuseum
Heutige Ansicht
Verriegelung der Tür,
25.06.2011
Schmidt-Farwig im Ballsaal
Endgültig geschlossen
Kulturelle Wiederbelebung durch die Initiative einer Frau
Chris-Karen Schmidt-Farwig stammt aus einer Künstlerfamilie und wollte Strausberg mit Kunst und Kultur bereichern. Dazu halfen ihr nicht nur die eigenen Erfahrungen als Musikerin, sondern auch die ihr bekannte Veranstalter- und Publikumsperspektive. Alle Veranstaltungen waren dadurch immer eine abgerundete Sache. Sie war es auch, die viele Künstler nach Strausberg holte und die Stadt Strausberg nach außen trug. Mit von der Partie waren z.B. Larkin (Irish Folk-Band), Jens Sell als Kabarettist, Marga Bach, Franziska Troegner (bekannt aus dem Hollywood-Film „Charlie und die Schokoladenfabrik“) und das Pünktchentheater für Kinder sowie viele mehr. Zudem wurden im Ballsaal auch jeden zweiten Donnerstag Filme angeboten. Ein kleines Kino mit gemütlicher Atmosphäre inmitten der Altstadt. Dabei bot die Gastgeberin immer moderate Eintrittspreise.
Unüberwindbare Barrieren für den Ballsaal
Obwohl die Nachfrage groß war und Kulturbegeisterte den Ballsaal begrüßten, gab es dennoch auch Hindernisse zu überwinden. Aufgrund der nicht vorhandenen Barrierefreiheit für Rollstuhlfahrer und eines Brandschutzkonzeptes wurde der Ballsaal von der Unteren Baubehörde geschlossen. Die Umbaukosten und der zeitlich vorgegebene Rahmen waren für den Vermieter und Frau Schmidt-Farwig nicht umsetzbar. Es begann ein langes Hin und Her: Mal war der Ballsaal geöffnet, ein anderes Mal für die Öffentlichkeit gesperrt. Viele Verhandlungen und Bemühungen seitens Schmidt-Farwig wurden unternommen, um miteinander ins Gespräch zu kommen und gemeinsam eine Lösung zu finden. Alles vergebens. Der Ballsaal wird zum Jahresende endgültig geschlossen und in solch einer Form in der Altstadt nicht mehr existieren. Obwohl bereits Rollstuhlfahrer an Veranstaltungen teilnahmen und auch weitere Läden in der Altstadt nicht barrierefrei sind, schien es für den Ballsaal keine Hoffnung zu geben. Selbst für den Vermieter hätte es an der Einsatzbereitschaft zum Erhalt des Ballsaals nicht gemangelt. Er stand von Anfang an hinter dem Projekt und hätte in Strausberg weiter investiert. Auch der Kulturverein „KunstMittendrin e.V.“ konnte nur wenig zum Erhalt beitragen. Aber es wurde gekämpft, um vor allem auch „die kulturelle Belebung in der Altstadt von Strausberg“ zu sichern. Das Motto: „...weil Kultur andere Wege geht...“ Welchen Weg jedoch der Verein einschlägt, ist bisher ungewiss.
Einzigartige Konstellation mit vielseitigem Angebot
Das Veranstaltungskonzept von Frau Schmidt-Farwig war die Symbiose von Café Litera und dem Ballsaal direkt nebenan: Erst gemütlich einen Kaffee trinken und dann die Veranstaltung gemeinsam genießen. Alles was bleibt, ist das Café Litera, wo weiterhin Veranstaltungen angeboten werden. Jedoch werden diese nie den Umfang und die Vielfalt des Ballsaals annehmen können, was die Räumlichkeiten nicht hergeben. Viele Fans und Kulturgenießer bleiben dennoch dem Ballsaal und dem Café Litera treu. Frau Schmidt-Farwig setzte sich für Kultur und Kunst in Strausberg ein, bekam nie finanzielle Unterstützung durch Stadt und Land und kämpfte für den Erhalt des Ballsaals mit der Anwesenheit bei jeder Besprechung und Gelegenheit, so dass ihr keine Silbe entging. „Einen Ersatz gibt es nicht. Der Ballsaal war perfekt – vom historischen Ursprung bis hin zu den gegebenen Räumlichkeiten und der Lage!“, erklärt Frau Schmidt-Farwig. Somit fällt der letzte Vorhang der Vorstellung „Ballsaal – Für mehr Kultur in Strausberg“.
Sie haben Anregungen oder Kritiken? Eine Mail an die
Redaktion genügt. Sämtliche
Inhalte dieses Internetauftrittes unterliegen dem Copyright von prinz
mediaconcept oder der jeweiligen Eigentümer. Die Fotos werden für die
Berichterstattung erstellt.