Im normalen Leben ist er eher unscheinbar, geht jeden Tag zur Arbeit und kümmert sich um die Autos anderer Menschen. Doch sein Hobby ist außergewöhnlich. Dietmar Kuhl aus Strausberg bezwingt gewaltige Gipfel, wo auch immer auf dieser Welt. In Peru, Nepal, Ecuador, den Alpen, oder in der Türkei da fühlt er sich wohl. Seit vielen Jahren lebt er nur dafür, geht arbeiten, um das Geld für die Touren heranzuschaffen. Zum Feierabend und an den Wochenenden ist Konditionstraining angesagt. So einen Berg, der über 6.000 m !!! hoch ist, bezwingt man schließlich nicht aus dem Stand. Auch im Jahr 2010 war er wieder unterwegs. Hier sein atemberaubender Bericht.
Alle Reiseberichte von Dietmar Kuhl:
Reiseberichte
Für Interessenten steht Dietmar Kuhl auch gern für einen Vortrag über seine Abenteuer als Bergsteiger zur Verfügung. Einfach eine Email an
den Felsenbezwinger.
Plaza Mayor in Lima
Wüstenoase Huacachina
Nasca Linien bei Paracas
Isla Ballestas
Arequipa
Im Kloster Santa Catalina
Markt in Yanque
Colca Canyon
Kondore im Colca Canyon
Hochebene auf der Fahrt nach Puno
Blick vom Atoja auf den Titicacasee
Fest Virgen del Rosario in Chuguito
Schilfboot auf dem Titicacasee
Sillustani
Auf dem Weg nach Ollanta
Ruinenkomplex von Ollanta
Machu Picchu
Cusco
Misti
Chachani
Hochlager am Misti
Gipfelgrad am Misti
Auf dem Gipfel des Misti
Blick in den Vulkankrater des Misti
Auf dem Gipfel des Chachani
Zurück im Hochlager am Chachani
Als der Airbus A340 nach 12-stündigem Flug von Madrid nach Lima landet, ging für mich ein lang ersehnter Traum in Erfüllung, ich war im legendären Inkareich Peru. Große freistehende Vulkane, tiefe Schluchten, wilde Urwaldlandschaften, pulsierende Großstädte, kristallklare Bergseen, berühmte Inkaruinen und sogar eine echte Sandwüste prägen das Land. Mit vier anderen Bergsteigern aus Deutschland war für mich das große Ziel den 5822m hohen Misti und den 6077m hohen Chachani zu besteigen. Eine ausgedehnte Rundreise verbunden mit der Besteigung von sechs weiteren Bergen im Süden Perus diente uns zur notwendigen Akklimatisierung und Höhenanpassung. Eine Stadtrundführung in Lima, mittlerweile mit elf Millionen Einwohnern eine der größten Städte Südamerikas, stand als erstes auf unserem Programm. Vom Plaza San Martin ging es zum Plaza Mayor und weiter zum Park De La Muralla, wo das makabere Denkmal von Francisco Pizzaro einem spanischen Schweinehirt, auf dem das ganze Elend dieses Kontinentes zurückgeht steht. Da Lima nicht gerade die schönste und interessanteste aller Lateinamerikanischen Städte ist, ging es für uns weiter nach Ica. Nach einer Weinverkostung in einem Weingut fuhren wir in die Wüstenoase Huacachina und von dort mit einem Buggycar in die Peruanische Wüste. In den steilen Sanddünen wurde hier das Gehen im Losen Gelände geübt. Zuerst ist der Sand hart und gut begehbar, je steiler das Gelände wurde, umso mühsamer wurde der Anstieg. Man rutschte fast mehr zurück, als das man an Höhe gewann. Eine wirklich gute Übung für die späteren Vulkanbesteigungen.
Die wild zerklüftete Inselgruppe der Isla Ballestas war unser nächstes Ziel. Eine stattliche Anzahl exotischer Tierarten wie Pelikane, Blaufußtölpel, und Kormorane bevölkern das Inselarchipel. Hauptattraktion sind sicherlich die bis zu zweieinhalb Meter langen braunschwarzen Seelöwen, die das Meer zusammen mit durchziehenden Delphinen nach Nahrung durchpflügen. Auf der Rückfahrt nach Parracas konnten wir auf einer der riesigen Sanddünen noch eine Nascalinie in Form eines großen Kaktusses bewundern. Arequipa, die weiße Stadt mit mittlerweile fast 700.000 Einwohnern war Ausgangspunkt für unsere nächsten Unternehmungen im Cero Verde. Die Stadt selbst hat sich zur zweitgrößten Stadt Perus gemausert und ist zugleich die wichtigste Metropole zwischen Lima und La Paz. Durch die angenehme Distanz zur Küste und die für andine Verhältnisse eher gemäßigte Höhenlage von 2300 Metern herrscht in Arequipa das ganze Jahr über ein mildes und angenehmes Klima.
Unsere erste Akklimatisationstour unternahmen wir im Cero Verde bei Tiabaya in einer ganz seltenen Wüstenlandschaft. Tiabaya ist ein Vorort von Arequipa und durch und durch landwirtschaftlich geprägt. Grüne Felder, Tierhaltung und einfache Gebäude prägen das Bild. Vorbei an ärmlichen Hütten mit einigen Hunden ging es über einen aussichtsreichen Grad zu einem aussichtsreichen Gipfel mit seiner Madonnenstatue. Sandüberzogene Felsformationen von nur einigen Kakteen prägen das Bild dieser Landschaft. Ein formschöner Gipfel knapp unter 3000 Meter mit weitem Blick über das Land bildete den Abschluss dieser Tour.
Unsere nächste Akklimatisationstour starteten wir von Chivay, einem kleinen Andendörflein von ca. 3600 Einwohnern und neben Capanaconde Hauptort im Colcatal aus. Hinauf in ein liebliches Hochtal vorbei an Lamas, Kühen und Wildbächen führte uns der Weg auf einem fast 4000 Meter hohen Berg. Prächtige Tiefblicke auf das Colcatal entschädigten uns für den langen Aufstieg. Am nächsten Morgen starten wir früh zum Mirador Cruz del Condor. Neben tollen Landschaftsformen konnten wir hier die Flugkünste der zahlreichen Kondore bewundern. Weiter ging es nach Capanaconde, wo wir eine ausgedehnte Wanderung in den bis zu 900 Meter tiefen Colca Canyon unternahmen.
Dann ging es mit dem Bus nach Puno. Nach 6-stündiger Busfahrt vorbei an schneebedeckten Vulkanen, grünem Grasland und einigen Lagunen, durch eine der eindrucksvollsten Landschaften Perus kamen wir schließlich in Puno an. Puno wurde von oben angefahren und wir hatten einen phantastischen Blick auf die nicht enden wollende Weite des azurblauen Titicacasee. Auf der anderen Seeseite waren bereits die Gipfel der bolivianischen Königskordilliere zu sehen. Für den nächsten Tag hatten wir uns wieder mal eine Bergtour vorgenommen, nämlich auf den 4450 Meter hohen Atoja, über dem kleinen Indianerdörfchen Chucuito. Ohne Probleme erreichten wir gegen Mittag den Gipfel und beeilten uns nach Chucuito zurückzukehren. Hier konnten wir an den farbenprächtigen Fest Virgin del Rosario und einem echten Stierkampf teilhaben. Als nächstes war eine Bootstour auf dem schier endlos weiten und tiefblauen Titicacasee angesagt. Dabei steuerten wir einige der zahlreine Uruinseln an und schauten uns dort um. Das Volk der Uru ist seit 1958 ausgestorben, trotzdem versuchen ihre Nachfahren zu mindestens einen Teil der Urukultur zu erhalten. Sie nannten sich früher Kot-Suns Seemenschen und galten als das wildeste Volk im Inkareich. Heute bewohnen noch ca. 2000 Menschen die Schilfinseln. Sie sind als Mestizen durchweg Nachfahren der Aymara und Quetchua und leben fast ausschließlich vom Tourismus. Ungefähr 80 Inseln umfasst das Gebiet mit etwa 100 Familien, sogar eine Schule ist darunter. Am Nachmittag fuhren wir dann zu den oft propagierten Ruinen von Sillustani. Die steil aufragenden Grabtürme befinden sich in einer weitläufigen grünen Weidelandschaft, die mit einigen Lagunen durchzogen ist. Dann ging es nach Cusco, der architektonisch wohl interessantesten Stadt Perus. Eine Stadtbesichtigung die auf dem gigantischen Plaza de Armas endete, bildete den Abschluss dieses wunderschönen Tages.
Durch das landwirtschaftlich geprägte Urubambatal fuhren wir nach Ollanta, um den nach Machu Picchu, den wohl eindrucksvollsten Ruinenkomplex Perus zu besichtigen. Von hier aus wurde gleich noch ein 3500 Meter hoher Berg bestiegen. Spät am Abend fuhren wir dann mit dem berühmten Touristenzug nach Aguas Calientes. Über eine wacklige Hängebrücke die über den Rio Apurimac führt, ging es am nächsten Morgen auf einem alten Inkapfad in den dicht bewachsenen Bergurwald. Auf steilen steinernen Wegen ging es aufwärts nach Machu Picchu. Nach ca. 2 Stunden erreichten wir den wohl berühmtesten Ruinenkomplex auf unserer Erde. Für uns ging es jedoch erst einmal weiter mit der Besteigung des 3072 Meter hohen Machu Picchu Berges, wo wir mit einer grandiosen Aussicht auf diesen einzigartigen Ruinenkomplex belohnt wurden. Den interessanten Gebäuderundgang machten wir erst am Nachmittag als die Touristenströme etwas nachgelassen hatten. Zurück in Arequipa war eine Stadtführung und der Besuch des Klosters Santa Catarina bereits für uns vorbereitet worden. Am Abend wurde dann lange und ausgiebig mit den einheimischen Bergführern die Besteigung des 5822 Meter hohen Mistis besprochen.
Am nächsten Morgen ging es mit zwei Jeeps nach Aquada Blanca auf 3350 Meter Höhe hinauf. Bereits unterwegs hatten wir in einem kleinen Dorfladen unsere letzten Besorgungen gemacht. Da am Berg extremer Wassermangel herrscht, hatte jeder von uns zusätzlich zu seiner gesamten Ausrüstung noch 6 Liter Wasser mitzunehmen. Mit über 20 Kilogramm in meinem Rucksack ging es die ersten drei Stunden über trockene, niedere Buschlandschaft hinauf auf 4100 Meter. Über Lavasand und Geröll erreichten wir nach weiteren drei Stunden endlich den Lagerplatz für unser Hochlager. Da es hier bereits gegen 19 Uhr dunkel wird, beeilten wir uns mit dem Aufbau des Hochlagers und dem Abendessen. Nach Einbruch der Dunkelheit wurde es sofort empfindlich kalt und jeder von uns versuchte so gut es ging zu schlafen.
Morgens um 1 Uhr war Wecken angesagt. Heiße Schokolade und der hier übliche Cocatee machte uns langsam munter. Gegen 2 Uhr begann der lange und steile Aufstieg zum Gipfel. Neben der großen Höhe erschwerte vor allem der rutschige Vulkansand immer wieder unseren Aufstieg. Immer wieder mussten wir riesige Felsformationen überklettern, die uns völlig außer Atem kommen ließen. Dazu kamen noch die große Kälte und der nicht nachlassend wollende starke Wind. An einer windgeschützten Stelle auf 5600 Meter wurde eine kleine Pause eingelegt. Im ersten Morgengrauen, als der Wind endlich ein wenig nachgelassen hatte, sahen wir zum ersten Mal den Gipfel. Wir waren erschrocken über die Entfernung, die wir noch zurücklegen mussten. Auf einem sehr langen und steilen Gradrücken ging es langsam weiter Bergauf. Jeder Schritt kostete jetzt eine unendliche Willensanstrengung und Überwindung. Kurz nach 8 Uhr erreichten wir endlich den Gipfel des Misti, auf dem sich ein riesiges Gipfelkreuz aus Eisenbahnschienen befindet. Wir gönnten uns nur 20 Minuten auf dem Gipfel, bevor wir mit dem Abstieg über den 1000 Höhenmeter langen, sehr steilen Lavahang des Mistis begannen. Im Hochlager wieder angekommen fielen alle in ihre Zelte und schliefen erst einmal eine Stunde. Keiner hatte so richtig Hunger oder bekam etwas runter, deshalb bauten wir das Hochlager so schnell es ging ab und schleppten alles über einen weiteren riesigen Lavahang hinunter nach Aguada Blanca. Rechtzeitig zum Abendbrot waren wir in Arequipa zurück, wo es glücklicher Weise wieder allen gut ging und schmeckte.
Zwei Tage später besprachen wir wieder mit unseren Bergführern die Besteigung des 6077 Meter hohen Chachani. Ich hatte die Besteigung des Mistis gut überstanden und hoffte, nach meinen, bei schweren Schneestürmen abgebrochenen Besteigungen in Ladakh, endlich die 6000 Meter Marke zu überschreiten. Die Jeeps brachten uns bis auf eine Höhe von 4500 Meter am Fuß des Chachani. Dann schleppten wir wieder unsere gesamte Ausrüstung und Wasser für mehrere Tage ins 5300 Meter hoch gelegene Hochlager. Das Lager befand sich unterhalb eines Passes mit 5600 Meter Höhe, der wie ein übergroßer Kamin wirkte. Die Zelte wackelten in diesem Orkan wie verrückt und jedes Mal, wenn ich wach wurde, schaute ich auf meine Uhr und hoffte, dass der Aufstieg zum Chachani endlich beginnen kann. Um Mitternacht standen wir auf und gegen 1 Uhr stiegen wir über Geröll und Lavasand den steilen Pass hinauf. Auf dem Pass bot sich ein überwältigender Anblick auf das lichtüberflutete Arequipa, das sich 3300 Meter unter uns befand. Dann begann das Schlimmste, was einem Bergsteiger passieren kann. Der weitere Anstieg begann mit einem langen weiten Abstieg. Langsam absteigend querten wir das lange Massiv des Fatima. Die Lavahänge waren sehr steil und mit viel Eis durchsetzt und immer wieder mussten wir mit Eis überzogene Felsformationen überklettern. Hier ein falscher Schritt und man wäre 600 Meter über Lavaasche nach unten gestürzt. Mit Beginn des Morgengrauens begann eine weitere lange Querung hinüber zum Chachani, die wieder volle Konzentration erforderte. Gegen 5.30 Uhr standen wir 200 Meter unterhalb des Gipfels und machten unsere erste kurze Pause. Ich aß ein wenig Schokolade und trank heißen Cocatee. Das Wetter war gut und langsam ging die wärmende Sonne auf und ich fühlte mich einfach prächtig. Dann begannen wir mit dem steilen Aufstieg und um 7.19 Uhr stand ich auf dem 6077 Meter hohen Gipfel des Chachani. Wieder war der Aufenthalt auf den Gipfel nur von kurzer Dauer, denn unser Bergführer drängte zum Aufbruch, da unterhalb des Fatimamassives durch die Sonneneinstrahlung mit Steinschlag zu rechnen war. Dadurch war es wie auch am Misti mir kaum möglich zu fotografieren. Zurück im Hochlager legten wir uns erst einmal in die Zelte, bevor wir das Lager abbauten und alles zurück ins Tal schleppten. Zurück in Arequipa feierten wir unsere gelungenen Bergbesteigungen in Peru. Leider ging es am nächsten Abend über Lima bereits zurück nach Deutschland.