Bild:© Uwe Spranger
Rund 100 Menschen, darunter mehrere Stadtverordnete und Politikerinnen aus Bundes- und Landtag, sind am 28. Juli zu einer Kundgebung am Bahnhofsvorplatz Strausberg gekommen. Mit der Veranstaltung wurde an den gewaltsamen Tod von Hans-Georg Jakobson erinnert. Der damals wohl wohnungslose 35-Jährige starb vor 31 Jahren, nachdem er in der S-Bahn zwischen Strausberg und Petershagen verprügelt und dann aus dem fahrenden Zug geworfen worden war. Die drei Täter aus der Neonaziszene wurden nach weiteren Gewalttaten ermittelt und verurteilt. Die Tat wurde von der Justiz allerdings nicht als politisch motiviert eingestuft.
Die Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt (BOrG) Märkisch-Oderland und weitere Initiativen sehen den Bäcker und Vater zweier Kinder als eines von mehr als 20 Todesopfern rechter Gewalt in Brandenburg und mehr als 200 in Deutschland seit 1990, machten sie bei der Kundgebung erneut deutlich. Auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Simona Koss teilte die Einschätzung. "Er wurde Opfer rechter Gewalt, weil er anders lebte." Das sei heute wieder aktuell. Man solle gemeinsam dafür einstehen, dass Menschen nicht durch andere bedroht werden, mahnte sie.
Strausbergs Bürgermeisterin Elke Stadeler erinnerte an Artikel 1 des Grundgesetzes, wonach die Würde des Menschen unantastbar sei. "Gewalt, egal wie, darf nicht sein", sagte sie. Der Vorfall sei damals zwar bekannt geworden, aber nicht verinnerlicht. Sie dankte deshalb den jungen Leuten, die die Initiative für Gedenken und Denkmal ergriffen hatten und ungeachtet zeitaufwändiger Prüfungen "hartnäckig geblieben sind". Die Stadtverordnetenversammlung hatte ihr Anliegen 2023 mit großer Mehrheit befürwortet und beschlossen, dass die Stadt Pflege und Wartung übernimmt. "Wir werden ein Auge darauf haben, dass es würdevoll bleibt."
Das Denkmal geht auf ein Bündnis aus der BOrG des Alternativen Jugendprojekts 1260, der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschist*innen Märkisch-Oderland, den Jungen Humanist_innen MOL und der S5 Antifa zurück. Gestaltet hat es Vera Franke. Die beiden rostigen Platten mit dem herausgelaserten Namen sollen die Schienen symbolisieren. Dazwischen finden sich Infotafeln zum Vorfall und rechter Gewalt mit QR-Code, der zur BOrG leitet. Die Bürgermeisterin hofft, dass Passanten nun "lesen, was da steht, und Schlussfolgerungen ziehen".
Das Bündnis sieht es als seine Aufgabe, jenseits von Jahrestagen auf Gefahren von rechter Ideologie und Ungleichheitsdenken hinzuweisen. Denn solche Ansichten seien laut einer Studie bei mehr als einem Viertel der Bevölkerung verankert, so eine Vertreterin der Amadeu-Antonio-Stiftung. Sie hoffe, dass aus Erinnerung Verantwortung für das Heute wachse und Schutz für die Schwächsten mehr Gewicht bekomme.
Das neue Denkmal sei ein sichtbares Zeichen gegen gewaltvolle Ideologien, könne zum Innehalten anregen, betonte das Bündnis. Man wolle gemeinsam dafür sorgen, das so etwas nie wieder passiert. "Und wir können das Ergebnis der Landtagswahl im September noch beeinflussen", zeigten sich die jungen Leute optimistisch.
Am Ende gab es noch den Hinweis auf eine thematisch anknüpfende Ausstellung im Haus Stadtverwaltung. Ab Mitte August bis Anfang September wird in der dortigen Entreegalerie die Schau "Kein Schöner Land" des Vereins Opferperspektive gezeigt. Sie erinnert an das Schicksal von Menschen, die seit 1990 in Brandenburg ihr Leben infolge von rechten, rassistischen und sozialdarwinistischen Gewalttaten verloren haben.
Quelle: Stadt Strausberg - Uwe Spranger